
Ort: | Kalbe |
Gemeinde: | Einheitsgemeinde Kalbe (Milde) |
Landkreis: | Altmarkkreis Salzwedel |
Einwohnerzahl: | ca. 2.500 (Stadt Kalbe) ca. 7.800 (Einheitsgemeinde Kalbe/Milde) |
Künstlerstadt Kalbe e.V. (Sachsen-Anhalt)
Die Stadt Kalbe ist die größte Ortschaft in der im nördlichen Sachsen-Anhalt gelegenen Einheitsgemeinde Kalbe (Milde). Kalbe war bis 1987 Kreisstadt und zählte, auch wegen des damaligen Grenztruppenstandortes, 3.500 Einwohner. Heute ist die Stadt von einer rückläufigen Bevölkerung und einer starken Überalterung betroffen, was sich u.a. in einem Gebäudeleerstand im Altstadtkern von fast 30 % ausdrückt.
Um diesem Negativtrend entgegenzuwirken, gründete sich im Jahr 2013 der Verein Künstlerstadt Kalbe e.V. mit dem Ziel, die Altmark als Region der Kunst und Kultur zu entwickeln und dabei die ungenutzten Gebäudepotenziale in der Stadt Kalbe zu reaktivieren. Schwerpunkte der Vereinsarbeit sind die Widernutzbarmachung und Aufwertung leerstehender Gebäude zur Beseitigung städtebaulicher Missstände und damit einhergehend die Belebung der Stadt mit Kunst- und Kulturangeboten. Als regelmäßige Aktionen konnten in den vergangenen drei Jahren der „Sommer-“ und der „Wintercampus“, das Programm „Artists in residence“, Ausstellungen, Workcamps oder das Projekt „Garten der Nationen“ als erfolgreiche Veranstaltungsformate etabliert werden.
Konzeptionell ist die Idee der „Künstlerstadt Kalbe“ als eine nachhaltige Strategie zur Reaktivierung städtischen Lebens in Kalbe einzuordnen. Über die Kunstaktionen hinaus werden bleibende Effekte für die Stadt erzielt, die sich in Ansehen und Image der Stadt, in ihrer touristischen Ausstrahlung, im Stadtbild und an den Gebäuden sowie im sozialen Miteinander ihrer Bewohner manifestieren. Die Initiative leistet damit einen beispielhaften Beitrag zur Baukultur in ländlichen Räumen und wurde deshalb als Modellinitiative für Baukultur konkret ausgewählt.
Unterstützung im Rahmen von Baukultur konkret

Trotz der überaus erfolgreichen Arbeit der Künstlerstadt Kalbe in den vergangenen drei Jahren hat der Verein auf verschiedenen Ebenen Unterstützungsbedarf, um künftigen Aufgaben gewachsen zu sein. So gehen mit der rasanten Vergrößerung der durchgeführten Aktionen wichtige Fragen der Eigenorganisation sowohl in Bezug auf die personelle Aufstellung und Arbeitsteilung als auch die räumliche Ausstattung des Vereins einher. Hier macht sich besonders das Fehlen eines festen Vereinssitzes negativ bemerkbar, für den mit dem „Alten Gericht“ bereits ein leerstehendes Gebäude in der Altstadt in den Blick genommen wurde. Außerdem besteht Interesse am Erwerb einer weiteren innerstädtischen Immobilie für Vereinszwecke sowie an einer Bespielung des ungenutzten Theatersaales im städtischen Kulturhaus.

Zur Sondierung und Konkretisierung dieser objektbezogenen Projekte hat sich der Verein praktische Hilfestellungen durch Baukultur konkret erbeten. Das Forschungsteam hat darüber hinaus erhebliche Defizite bei der Verankerung der Initiative in der Bevölkerung, aber vor allem in der Verwaltung und Kommunalpolitik festgestellt, und versucht, auch hier Ansätze zur Verbesserung der Zusammenarbeit zu finden.
Nach den ersten Gesprächen mit der Initiative hat das Forschungsteam den Dialog mit dem Bürgermeister und der Gemeindeverwaltung gesucht. In einem Auftaktgespräch zwischen Bürgermeister, Bauamtsleiter, der Vereinsvorsitzenden und dem Forschungsteam wurden gemeinsam die Ziele des Forschungseinsatzes abgestimmt und anschließend in einer Auftaktveranstaltung mit den Vereinsmitgliedern vertieft.
Intensiveinsatz

Die Zusammenarbeit mit der Initiative sowie ausgewählten Vertretern aus Gemeindeverwaltung und Kommunalpolitik erfolgte in Form zweier thematischer Intensivworkshops.
Im Januar 2016 wurde ein erster Workshop ausgerichtet, um die Sanierung und den Betrieb des Alten Gerichts als zukünftigen Vereinssitz der Künstlerstadt Kalbe e.V. sowie den Erwerb und die Nutzung der zweiten Immobilie für Atelier- und Wohnnutzungen sowie als Veranstaltungsort vorzubereiten.

Die Inhalte umfassten Diskussionen über mögliche Nutzungsprofile, geeignete Trägerstrukturen, erforderliche Sanierungsmaßnahmen sowie Finanzierungsmöglichkeiten und einen offenen Austausch darüber, wie viele Gebäude mit den vorhandenen Kapazitäten des Vereins überhaupt betrieben werden können. Mit dem Workshop hat das Forschungsteam ein „Coaching-Format“ ausprobiert, bei dem der Initiative mit Hilfe des Forschungsteams und einer externen Expertin als „Coach“ konkrete Antworten auf ganz aktuelle Fragen der Projektumsetzung gegeben wurden. Die Initiative wurde so befähigt, Chancen und Risiken einzuschätzen, Prioritäten in der eigenen Arbeit zu setzen sowie erste konkrete Schritte für die Inbetriebnahme der Gebäude einzuleiten.

Im März 2016 erfolgte der zweite Intensiveinsatz mit zwei Schwerpunkten: Zum einen wurde mit der Initiative und Vertretern aus den übrigen Ortschaften der Einheitsgemeinde eine räumliche Ausweitung des Künstlerstadt-Konzeptes erörtert, um die Akzeptanz und damit letztlich auch die Unterstützungsbereitschaft für den Verein in der Gesamtgemeinde zu stärken. Gemeinsam wurden geeignete und verfügbare Gebäude für Künstlerresidenzen und Werkstätten sowie wichtige Ansprechpartner in den Ortschaften zusammengetragen und Verabredungen für weitere Schritte getroffen.

Zum anderen griff der Workshop die Möglichkeit einer Reaktivierung des Theater- und Konzertsaals im Kulturhaus mittels denkbarer Zwischennutzungen auf. Mit einem Vortrag von Prof. Swen Geiss vom Forschungsteam der Alanus Hochschule zu einem vergleichbaren Projekt in Gelsenkirchen und einer gemeinsamen Annäherung an eine realistische Zwischennutzungsoption unter Berücksichtigung von Brandschutz und Kosten konnte ein wichtiger Impuls gesetzt werden, um das Vorhaben des Vereins voranzubringen. Der Workshop war als Strategieworkshop konzipiert, um der Initiative dazu zu verhelfen, eigene Ideen zu präzisieren und daraufhin gezielte Maßnahmen und Handlungen einzuleiten.